Klarheit, Konsequenz und innere Substanz
Viele Unternehmen sind im Tagesgeschäft stark – sie liefern Qualität, reagieren schnell, bedienen Kunden zuverlässig. Und doch bleibt oft ein entscheidender Punkt im Hintergrund: die Frage, wofür das Unternehmen eigentlich steht. Nicht im Marketing, sondern im Kern.
Nachhaltige Unternehmensidentität: Marketingsager für Broschüren?! Nein – sie ist die Basis für Orientierung, Glaubwürdigkeit und langfristige Wirkung – nach innen wie außen. Und sie entsteht nicht zufällig. Sie braucht eine strategische Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbstverständnis.
1. Identität entsteht nicht durch Design – sondern durch Haltung
Ein Logo, ein Claim, ein einheitlicher Auftritt – das sind sichtbare Elemente, aber keine Identität. Wirklich entscheidend ist das, was dahintersteht: Werte, Prinzipien, Entscheidungen. Unternehmen, die langfristig Vertrauen aufbauen, wissen, wer sie sind – und was sie nicht sind.
Identität ist dabei nicht statisch. Sie entwickelt sich mit dem Unternehmen mit – aber sie braucht einen stabilen Kern. Wer hier nur auf kurzfristige Außenwirkung setzt, läuft Gefahr, austauschbar zu werden.
Eine strategisch fundierte Identität stützt sich auf drei zentrale Säulen:
- Selbstbild (interne Kultur, Leitbild, Führungsverständnis)
- Fremdbild (Kundenerwartungen, Marktwahrnehmung)
- Zukunftsbild (Vision, strategische Ausrichtung)
Diese Dimensionen in Einklang zu bringen, ist Aufgabe der Identitätsstrategie – und kein einmaliger Workshop, sondern ein kontinuierlicher Prozess.
2. Nachhaltigkeit in der Identität heißt: Es muss zusammenpassen
Viele reden über Werte. Aber werden sie auch gelebt? Nachhaltige Identität zeigt sich nicht in großen Worten, sondern in kleinen Entscheidungen – im Bewerbungsprozess, im Umgang mit Feedback, im Produktversprechen.
Nachhaltigkeit in der Identität meint nicht nur ökologische und ökonomische Verantwortung – sondern strukturelle Stimmigkeit. Kund:innen und Mitarbeitende erkennen sehr schnell, wenn etwas nicht zusammenpasst: eine „kreative“ Marke, die intern auf starre Strukturen setzt. Ein Unternehmen, das sich „innovativ“ nennt, aber bei jeder neuen Idee zögert.
Organisationspsychologisch betrachtet entsteht Glaubwürdigkeit durch Kongruenz – wenn Werte, Verhalten und Kommunikation übereinstimmen. Fehlt diese, entsteht kognitive Dissonanz – bei Mitarbeitenden genauso wie bei externen Stakeholdern.
3. Strategie gibt Richtung – und entlastet
Viele Führungskräfte tragen die Identität des Unternehmens unausgesprochen in sich. Sie „leben“ sie intuitiv. Aber was passiert, wenn das Unternehmen wächst? Wenn neue Mitarbeitende dazukommen? Wenn man Dinge delegieren muss?
Dann hilft eine Strategie. Sie macht das Unsichtbare sichtbar und damit auch übertragbar. Sie schafft ein gemeinsames Verständnis: Wofür stehen wir? Was bedeutet das im Alltag? Wie treffen wir Entscheidungen, auch wenn es unbequem wird?
Gerade im Employer Branding ist das spürbar: Unternehmen, die intern keine klare Identität haben, können extern kaum überzeugend kommunizieren. Es fehlt der rote Faden. Gute Kandidat:innen spüren das – oft schon im ersten Gespräch.
4. Drei Schritte für eine tragfähige Identität
1. Hinhören statt behaupten
Wie erleben Mitarbeitende die Kultur wirklich? Wo stehen wir – jenseits von PowerPoint und Website? Ein ehrlicher Blick nach innen ist der Anfang jeder echten Strategie. Qualitative Mitarbeiterinterviews, Kulturanalysen oder 360°-Feedbacks bieten hier wertvolle Einblicke.
2. Den eigenen Kern formulieren
Was ist nicht verhandelbar?Wer gibt die Richtung vor? Geschäftsführung, Eigentümer oder Mitarbeitende? Welche Werte tragen – auch unter Druck? Dieser Kern kann in einem klaren Purpose, einem aktualisierten Leitbild oder einer strategisch ausformulierten Marken-DNA sichtbar gemacht werden.
3. Entscheidungen darauf aufbauen
Strategie zeigt sich im Alltag – z. B. in der Frage, welche Partnerschaften eingegangen werden, wie Prozesse gestaltet sind oder wie mit Fehlern umgegangen wird. Wenn Identität die Basis ist, entsteht echte Konsistenz – nicht aus Kontrolle, sondern aus Überzeugung.
5. Identität ist wirtschaftlich relevant
Die Frage nach der Unternehmensidentität ist nicht nur eine kulturelle oder kommunikative. Sie ist auch eine wirtschaftliche. Studien zeigen:
- Unternehmen mit klarer Identität haben loyalere Kund:innen.
- Sie sind attraktiver für qualifizierte Bewerber:innen.
- Sie treffen strategische Entscheidungen schneller und konsistenter.
Und das spart schlussendlich echtes Geld. Besonders in Zeiten von Fachkräftemangel und gesättigten Märkten ist ein glaubwürdiges Selbstverständnis kein „Soft Skill“, sondern ein Wettbewerbsvorteil.
Eine starke Identität braucht Klarheit – keine Show
Es geht nicht darum, möglichst glänzend aufzutreten. Es geht darum, glaubwürdig zu sein. Und das gelingt nur, wenn Innen und Außen übereinstimmen.
Strategie bedeutet in diesem Zusammenhang nicht Kontrolle, sondern Bewusstsein: über das, was man tut – und warum. Wer diesen Weg geht, schafft nicht nur Vertrauen, sondern auch eine Grundlage, die Veränderungen übersteht.
Eine nachhaltige Unternehmensidentität ist kein Projekt. Sie ist ein lebender Rahmen für Entscheidungen, Haltung und Wirkung.
Aus der Praxis – Was passiert, wenn die Strategie fehlt?
Wir schauen auf ein Eigentümergeführtes Unternehmen: Der Eigentümer hat zwar eine Idee, in welche Richtung sich die Marke entwickeln soll, aber hoppla: Da kommt plötzlich eine neue Idee, die ihm oder ihr gefällt. Etwas innvatives, cooles … na das muss man ja machen! Er oder sie gibt ja schließlich auch die Richtung vor, ist ja auch die eigene Marke. Was prinzipiell sein oder ihr gutes Recht als Wegbereiter der Marke ist, ist im Marketing und der konsistenten Markenentwicklung leider wenig zielführend. Die Marketingabteilung läuft nur noch im Feuerlöschbetrieb, ob der Kurzfristigkeit der eingekippten „Suuuuuper“-Projekte. Was heißt das aber unternehmerisch:
- Die Konsistenz in der Marke ist stark gefährdet, denn es wurde nicht hinterfragt, ob dieses Thema den Markenauftritt auch wirklich widerspiegelt.
- Die Ressource im Marketing ist schwer planbar. Durch den Aktionismus werden stetig Spitzen erreicht. Das Tagesgeschäft und die kontinuierlichen Aufgaben des Marketing bleiben lieben bzw. werden vertrieben. Dadurch leidet der gesamte Markenauftritt.
- Nicht nur das, auch die Mitarbeitenden leiden. Die Spitzen bedeuten zusätzliche Belastung, die Motivation im Team sinkt. Große Projekt werden geschoben, denn „man weiß ja nie, was noch reinplatzt und dann steht wieder alles“.
- Das bedeutet letztlich: Hier wird Geld verbrannt: Sinnlos für Aktionismus ausgeben und Leerlauf bei Mitarbeitenden geschaffen.
Was tun?! Strategien sind da, weil sie Sinn und Zweck verfolgen. Sie helfen auf Schiene zu bleiben. Es gibt durchaus Zeiten, in denen es sich lohnt diese zu hinterfragen, allerdings nicht jeden Montag, Mittwoch oder Donnerstag. Evaluiere in regelmäßigen Abstände. Hinterfrage dich: Passt diese Maßnahme zu meiner Strategie? Fördert sie meine Markenwahrnehmung und passt sie WIRKLICH in mein Unternehmen? Eine gute und qualitative Frage ist auch stets: Würden das meine Mitarbeitenden, Kunden, Partner und Lieferanten auch „unterschreiben“?